Wir Kinder aus der Herrenstrasse, das waren die Buben Armin, Gerd, Willi, Wolfgang und andere, wir hatten in der Burrgass und in den Saarwiesen den schönsten Spielplatz, den man sich als Kind wünschen konnte.
In den weiten Wiesen fühlten wir uns wie die Indianer in der Prärie. Ein iesiger Abenteuerspielplatz zwischen dem Ellbach, der Saar und der sogenannten Vogelspitze. Neben Ellbach und Saar durchzogen noch eine Reihe kleinerer Entwässerungsgräben die Wiesen, die voller Leben, reich an Fischen, Fröschen und Molchen waren. Wir fingen Stichlinge und Kaulquappen und hielten sie Einweckgläsern. Verirrten sich Forellen aus Ellbach in die Wassergräben, so haben wir diese gefangen und neben Froschschenkeln am Lagerfeuer gegrillt und gegessen. Ein wahrer Leckerbissen, der auch heute jeden Gourmet begeistern würde.
In der Burrgass, daher auch der Name, befand sich eine Quelle, ein Borren/Born. Aus einem dicken Rohr strömte ständig frisches, herrlich kühles Quellwasser. Hier stillten wir unseren Durst und trugen das Wasser in Flaschen und Kannen nach Hause. In der Dorfsprache wurde
die Quelle die „Wäsch“ genannt. Bis in die Nachkriegszeit ist hier noch vereinzelt Wäsche gewaschen und auf den Wiesen gebleicht worden. Unterhalb des Waschplatzes wurde der Quellbereich auch als Viehtränke genutzt.
Schilfgürtel, die so dicht waren, dass sie uns Kinder wie ein undurchdringlicher Dschungel vorkamen, durchzogen an einigen Stellen die Wiesen. In diesem Röhricht bauten wir aus Weiden und Schilfrohr unsere Hütten. Aus biegsamen Weiden schnitzten wir Pfeil und Bogen und aus einer Astgabel fertigten wir eine Schleuder. Gut versteckt hielten wir am Lagerfeuer Kriegsrat und beratschlagten, in welchem der nahegelegen Schrebergärten wir Kirschen klauen wollten. Dabei mussten wir acht geben, dass uns mein Onkel Josef (Gombert), der in dieser Zeit Feldschütz war, nicht erwischte. Oft genug hatte er uns nämlich beim Nacktbaden in der Saar aufgescheucht.Wir Kinder hatten großen Respekt vor ihm, aber er hat er uns nie Angst eingeflößt.
Damals hatten Saar und Ellbach einen anderen Verlauf und waren nicht begradigt. In natürlichen Windungen, die Ufer mit hohen Weiden und Pappeln gesäumt, schlängelten sich beide durch die Wiesen. Dort, wo der Ellbach in die Saar mündet, haben die meisten von uns schwimmen gelernt. Das Wasser war hier seicht und flach. Unter Anleitung der älteren Brüder wurden im etwas tieferen Wasser die ersten Schwimmversuche unternommen. Später – wir konnten es kaum erwarten – haben wir dann, in Begleitung der Älteren, erstmals die Saar, die an dieser Stelle nicht allzu breit war, zum Wallerfanger Ufer überquert. Stolz, aber auch ein wenig ängstlich, waren wir nach dieser Mutprobe.
Im Sommer waren die Wiesen ein einziges Blumenmeer aus kniehohen Margeriten, Wiesenschaumkraut und anderen Blumen. Manchen Blumenstrauß zu Muttertag oder zu Fronleichnam haben wir hier gepflückt. Zwischen den Blumen und Gräsern summten und brummten Bienen und Hummeln. Artenreiche Schmetterlinge bevölkerten die Wiesen und im Gras brüteten die heute schon selten gewordene Grasmücke und die Lerche.
Im Herbst, wenn die Wiesen gemäht und das Heu in den Scheunen war, ließen wir selbst- gebastelte Drachen steigen. Mangels besserem Materials – es war schließlich die Nachkriegszeit – bestanden unsere Drachen aus dem Papier alter Zementtüten und aus dünnen Weidenruten. Die einfache Konstruktion wurde mit Schnur zusammengehalten und das Papier mit Mehlpappe verklebt. Und dennoch stiegen unsere Drachen in schwindelerregende Höhen.
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