Ein Stück Zeitgeschichte

Fast sechzig Gäste waren im Saal „New York“ der Victors Residenz in Saarlouis zusammengekommen, um ein entscheidendes, aber oft vergessenes Kapitel der europäischen Geschichte lebendig werden zu lassen. Der Abend war eine Zeitreise in die bewegten 1950er Jahre.

Anlass war der 70. Jahrestag der Volksbefragung über das Saarstatut. Im Mittelpunkt stand die kurze, aber prägende Phase zwischen der Volksabstimmung am 23. Oktober 1955 und der Rückgliederung des Saarlandes an Deutschland am 1. Januar 1957 – eine Zeit des politischen Schwebezustands und der kollektiven Identitätssuche.

Die Filmvorführung an diesem Abend spiegelte diese Zerrissenheit eindrücklich wider. „Was nun?“ – Diese einfache, aber existenzielle Frage durchzog die gezeigten Bilder wie ein Leitmotiv. Sie bewegte damals die Menschen und zog auch das Publikum im Saal sichtlich in ihren Bann.

Diese historische Frage ist auch nach 70 Jahren erstaunlich aktuell. Es geht damals wie heute um die Spannung zwischen regionaler Identität, nationaler Zugehörigkeit und europäischer Vision.

Im Laufe des Abends kehrte immer wieder ein zentraler Gedanke zurück: War das Saarstatut, das eine Europäisierung der Saarregion vorsah, nicht eine verpasste Chance für Europa? Eine mutige, vielleicht verfrühte, aber visionäre Idee, die einen stärker integrierten Weg für den Kontinent hätte ebnen können.

Es war ein Abend, der nicht nur in die Vergangenheit blickte, sondern auch den Blick auf die Gegenwart und Zukunft Europas schärfte. Die Gäste verließen den Saal nicht nur mit neuem historischem Wissen, sondern auch mit dem Gefühl, einem zutiefst europäischen Drama beigewohnt zu haben, dessen letztes Kapitel vielleicht noch nicht geschrieben ist.